Dienstag, 20. August 2013

Gedicht :Der Rabe von Poe, Edgar Allen



Hallo meine Lieben,

ich hoffe ihr seid gut in die Woche gerutscht. Heute möchte ich euch zum 2. Mal ein Gedicht vorstellen ich hoffe es gefällt euch. 



Der Rabe von Poe, Edgar Allen



Einst in dunkler Mittnachtstunde, als ich in entschwundner Kunde
Wunderlicher Bücher forschte, bis mein Geist die Kraft verlor
Und mir’s trübe ward im Kopfe, kam mir’s plötzlich vor, als klopfe
Jemand leis ans Tor, als klopfe – klopfe jemand sacht ans Tor.
»Irgend ein Besucher«, dacht’ ich, »pocht zur Nachtzeit noch ans Tor –
  Weiter nichts« – so kommt mir’s vor. –


Oh ich weiß, es war in grimmer Winternacht, gespenstischen Schimmer
Jagte jedes Scheit durchs Zimmer, eh es kalt zu Asche fror.
Tief ersehnte ich den Morgen, denn umsonst war’s Trost zu borgen
Aus den Büchern für das Sorgen um die einzige Lenor’,
Um die wunderbar Geliebte – Engel nannten sie Lenor’ –
  Die für immer ich verlor.


Die Gardinen rauschten traurig, und ihr Rascheln klang so schaurig,
Füllte mich mit Schreck und Grauen, wie ich nie erschrak zuvor.
Um zu stillen Herzens Schlagen, Herzens Zittern, Herzens Zagen,
Mußt’ ich murmelnd nochmals sagen: »Ein Besucher klopft ans Tor –
Ein verspäteter Besucher klopft um Einlaß noch ans Tor.«
  Sprach ich meinem Herzen vor.


Alsobald ward meine Seele stark und folgte dem Befehle,
»Herr«, so sprach ich, »oder Dame, ach verzeihen Sie, mein Ohr
Hat Ihr Pochen kaum vernommen, denn ich war schon schlafbenommen,
Und Sie sind so sanft gekommen – sanft gekommen an mein Tor:
Wußte kaum den Ton zu deuten – « und ich sperrte auf das Tor: –
  Nichts als Dunkel stand davor.


Starr in dieses Dunkel spähend, stand ich lange, nicht verstehend,
Träume träumend, die kein ird’scher Träumer je gewagt zuvor,
Doch es herrschte ungebrochen Schweigen, aus dem Dunkel krochen
Keine Zeichen, und gesprochen ward nur zart das Wort »Lenor« –
Zart von mir gehaucht, – wie Echo flog zurück das Wort «Lenor«.
  Nichts als dies vernahm mein Ohr. –


Wandte mich zurück ins Zimmer, und mein Herz erschrak noch schlimmer
Da ich wieder klopfen hörte, etwas lauter als zuvor.
»Sollt’ ich«, sprach ich, »mich nicht irren, hörte ich’s am Fenster klirren,
Oh, ich werde bald entwirren dieses Rätsels dunklen Flor –
Herz, sei still, ich will entwirren dieses Rätsels dunklen Flor,
  Wind wohl machte da Rumor.«


Offen warf ich nun die Schalter – flatternd kam herein ein alter
Stattlich großer schwarzer Rabe, wie aus heiliger Zeit hervor.
Machte keinerlei Verbeugung, keine kleinste Dankbezeigung,
Flog in edelmännischer Neigung zu dem Pallashaupt empor,
Grade über meiner Türe auf das Pallashaupt empor –
  Sass – und stumm war’s wie zuvor. –


Doch das wichtige Gebahren dieses schwarzen Sonderbaren
Löste meines Geistes Trauer bald zu lächelndem Humor.
»Ob auch schäbig und geschoren, kommst du,« sprach ich, »unverfroren,
Niemand hat dich herbeschworen aus dem Land der Nacht hervor.
Tu mir kund, wie heißt du, Stolzer, aus Plutonischem Land hervor?«
  Sprach der Rabe: »Nie du Tor.«


Daß er sprach so klar verständlich – ich erstaunte drob unendlich,
Kam die Antwort mir auch wenig sinnvoll und erklärend vor.
Denn noch nie war dies geschehen: Über seiner Türe stehen
Hat wohl keiner noch gesehen solchen Vogel je zuvor,
Über seiner Stubentüre auf der Büste je zuvor,
  Mit dem Namen »Nie du Tor.«


Doch ich hört’ in seinem Krächzen seine ganze Seele ächzen,
War auch kurz sein Wort und brachte er auch nichts als dieses vor.
Unbeweglich sah er nieder, rührte Kopf nicht noch Gefieder,
Und ich murrte, murmelnd wieder: »Wie ich Freund und Trost verlor,
Werd ich morgen ihn verlieren – wie ich alles schon verlor.«
  Sprach der Rabe: »Nie du Tor.«


Seine schroff gesprochnen Laute klangen passend, daß mir graute,
»Aber«, sprach ich, »nein, er plappert nur sein einzig Können vor,
Das er einem Herrn entlauschte, dessen Pfad ein Unstern rauschte,
Bis er letzten Mut vertauschte gegen trüber Lieder Chor –
Bis er trostlos trauerklagte in verstörter Lieder Chor
  Mit dem Kehrreim »Nie du Tor«.


Da der Rabe das bedrückte Herz zu Lächeln mir berückte
Rollte ich den Polsterstuhl zur Büste, Tür und Vogel vor,
Sank in Sammtsitz, nachzusinnen, Traum mit Träumen zu verspinnen,
Über solchen Tiers Beginnen: was er wohl gewollt zuvor –
Was der alte finstergrimme Vogel wohl gewollt zuvor
  Mit dem Krächzen »Nie du Tor«.


Saß, der Seele Brand beschwichtend, keine Silbe an ihn richtend,
Seine Feueraugen wühlten mir das Innerste empor.
Saß und kam zu keinem Wissen, Herz und Hirn schien fortgerissen,
Lehnte meinen Kopf aufs Kissen lichtbegossen – das Lenor
Pressen sollte – lila Kissen, das nun nimmermehr Lenor
  Pressen sollte wie zuvor!


Dann durchrann, so schien’s die schale Luft ein Duft aus Weihrauchschale
Edler Engel, deren Schreiten rings vom Teppich klang empor.
»Narr!« so schrie ich, »Gott bescherte dir durch Engel das begehrte
Glück Vergessen: das entbehrte Ruhen, Ruhen vor Lenor!
Trink, oh trink das Glück: Vergessen der verlorenen Lenor!«
  Sprach der Rabe: »Nie du Tor!«


»Weiser!« rief ich, »sonder Zweifel Weiser! – ob nun Tier, ob Teufel –.
Ob dich Höllending die Hölle oder Wetter warf hervor,
Wer dich nun auch trostlos sandte oder trieb durch leere Lande
Hier in dies der Höll’ verwandte Haus – sag, eh’ ich dich verlor:
Gibt’s – oh gibt’s in Gilead Balsam? – sag mir’s, eh ich dich verlor!«
  Sprach der Rabe: »Nie du Tor.«


»Weiser!« rief ich, sonder Zweifel Weiser! – ob nun Tier ob Teufel. –
Schwör’s beim Himmel uns zu Häupten – schwör’s beim Gott, den ich erkor –
Schwör’s der Seele so voll Grauen: soll dort fern in Edens Auen
Ich ein strahlend Mädchen schauen, die bei Engeln heißt Lenor –
Sie, die Himmlische, umarmen, die bei Engeln heißt Lenor?«
  Sprach der Rabe: »Nie du Tor.«


»Sei dies Wort dein letztes, Rabe oder Feind! Zurück zum Grabe.
Fort! zurück in Plutons Nächte!« schrie ich auf und fuhr empor.
»Laß mein Schweigen ungebrochen! Deine Lüge, frech gesprochen,
Hat mir weh das Herz durchstochen. – Fort, von deinem Thron hervor!«
Heb’ dein Wort aus meinem Herzen – heb dich fort, vom Thron hervor!«
  Sprach der Rabe: »Nie du Tor«.


Und der Rabe rührt sich nimmer, sitzt noch immer, sitzt noch immer
Auf der blassen Pallasbüste, die er sich zum Thron erkor.
Seine Augen träumen trunken wie Dämonen traumversunken,
Mir zu Füßen hingesunken droht sein Schatten tot empor.
Hebt aus diesem meine Seele jemals wieder sich empor? –
  Niemals mehr – oh, nie du Tor!


So meine Lieben, das wars auch schon von mir, ich hoffe das Gedicht war nicht zu lang fürn euch, und natürlich hoffe ich das es euch auch gefallen hat.





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